Scharbeutz, Heiligenhafen, Travemünde, Sierksdorf, Amrun, Föhr und Lübeck. Alle leben sehr gut vom Tourismus, und alle haben kommuniziert, dass Sie zukünftigen weiteren Ferienwohnungs-Projekten eher ablehnend gegenüber stehen.
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Luebecker-Bucht-Gemeinden-wollen-Ferienwohnungen-begrenzen,ferienwohnung174.html
Die Argumente sind vordergründig nachvollziehbar: Es gibt nicht genügend bezahlbaren Wohnraum für Einheimische. Und die Gemeinden haben Angst vor Rolladen-Siedlungen, die einen Großteil des Jahres leer stehen, aber manchmal eben doch voll sind und daher zu höheren Anforderungen an Klär-Anlagen, Wasserwerken und Straßen führen.
Beide Probleme lassen sich aber besser lösen, als durch die Verhinderung neuer Ferienwohnungen. Besonders dann, wenn genügend Geld vorhanden ist, und dazu kommen wir weiter unten.
Das Wohnraum-Problem für die Einheimischen lässt sich nur durch mehr Wohnraum lösen. Entweder kann die Gemeinde durch klare Ausschreibungen dafür sorgen, dass bei jedem Bau-Projekt neben den Ferienwohnungen auch Wohnungen zum Dauerwohnen geschaffen werden müssen oder sie kann ganze Bau-Gebiete zum Dauer-Wohnen ausschreiben. Wenn genügend Kaufkraft bei den Einheimischen vorhanden ist, wird der Markt schon genügend attraktive Wohnungen schaffen. Und wenn das Neubau-Gebiet vielleicht ein paar Meter weiter weg entsteht, kann die Gemeinde ein paar ihrer neu gewonnenen Steuern in die Subvention einer guten Bus-Anbindung des Wohngebietes stecken.
Damit das Konzept von “mehr Kaufkraft für die Einheimischen” funktioniert, müssen Ferienwohnungen dauerhaft Geld für die Gemeinde und ihre Einwohner verdienen.
Und jetzt müssen wir unterscheiden zwischen der “auschließlich durch den Eigentümer genutzten Ferienwohnung” und der “Ferienwohnung zur Vermietung”. Bei der “ausschließlich selbst genutzten Ferienwohnung” geht das Konzept nicht auf. Die Eigentümer sind zu selten da und geben nicht genügend Geld aus. Um dies zu heilen, haben findige Kämmerer daher das Konzept von Zweitwohnungssteuern erfunden. Sobald eine Wohnung aber zur Erzielung von möglichst vielen Miet-Einnahmen genutzt wird, schafft sie erhebliche Kaufkraft und Arbeitsplätze in der Gemeinde. (siehe unten). Also sollte eine Gemeinde über hohe Zweitwohnungssteuern und Vorgaben bei der Bau-Ausschreibung dafür sorgen, dass möglichst viele Ferienwohnungen aktiv und so viele Wochen wir möglich vermietet werden. Und damit wäre auch das Problem der Rolladen-Stadtteile behoben. Wenn dann sogar noch ein “Betreiber-Konzept”, also eine gewerbliche Vermietung in der Ausschreibung gefordert wird, landen sogar noch die Miet-Erträge über die Gewerbesteuer teilweise in der Stadt-Kasse.
Einige clevere Gemeinden beschließen daher eine recht hohe Zweit-Wohnungssteuer, auf welche, in Stufen, Rabatte von bis zu 100% gewährt werden, sofern durch den Eigentümer eine bestimmte Anzahlen von Vermiet-Tagen nachgewiesen wird.
Wie rechnet sich das?
Die hier relevanten Einnahmen der Gemeinden sind die Zweitwohnungs-Steuer und die Gewerbesteuer. Somit sind einerseits Ferienwohnungen, die gewerblich betrieben werden, eine gute Idee (Hotel-ähnlich) und andererseits schlägt der Umsatz, den die Gäste der Ferienwohnung in der Gemeinde konsumieren auch wieder durch die örtlichen Betriebe auf die Gewerbesteuer durch. Das dritte Standbein sind Arbeitsplätze, die vor Ort geschaffen werden. Sogar wenn diese Arbeitsplätze nicht zu sofortiger Gewerbesteuer führen, so führen sie doch mittelbar durch mehr lokalen Konsum zu mehr Einnahmen.
Beispielrechnung
Eine gut laufende Ferienwohnung hat vielleicht 40 Anreisen á 4,5 Tage und im Schnitt kommen 2,5 Personen.
Kosten für die Endreinigung: 40 x 50€ = 2.000€
Kosten für 2,5 mal Bettwäsche: 40 x 25€ = 1.000€
Kosten für Gäste-Betreuung und Vermittlung (10%) = 1000€
Konsum der Gäste in Geschäften vor Ort: 20€ pro Person pro Nacht= 9.000€. Bei einer Grenz-Marge von 40% kommen wir daher auf 3.600€ Gewerbe-Ertrag
Summe bisher: 7.600€ erhöhter Gewerbe-Ertrag auf Gemeinde-Ebene. Dies berücksichtigt noch nicht den erhöhten Konsum der Einwohner durch mehr Arbeitseinkommen. Bei 3,5% Messbetrag und einem Beispiel-Hebesatz von 300% kommen wir somit auf ca. 800€ Gewerbesteuer für die Gemeinde.
Je nach Mix und Angebot der Betriebe vor Ort, kann die “Ausbeute” eines typischen Urlaubstages aber auch deutlich höher liegen.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat schon für das Jahr 2013 durchschnittliche Ausgaben von 923€ pro Person für die Haupt-Reise und 659€ für die Zweit-Reise PRO PERSON ermittelt. Teilen wir die 659€ durch 5 Tage, und ziehen davon die Miete und die Anreise ab, dann kommen wir auf einen deutlich höheren Konsum als die obigen 20€ pro Person pro Tag.
Gemeinden sollten im eigenen Interesse und im Interesse der Einwohner daran arbeiten, dass Ferienwohnungen möglichst viel vermietet werden und möglichst selten leerstehen.
Dazu gehört eine “Inzentivierung” der Eigennutzer über eine rabattfähige hohe Zweitwohnungssteuer, eine Forderung von Betreiberkonzepten bei neuen Ausschreibungen und Aufklärung für die Besitzer der Ferienwohnungen, wie und wie einfach sie ihre Ferienwohnung vermieten können. Und in Orten, in denen es noch keine Vermietungs-Agenturen gibt, können lokale Vermiet-Agenten diese Rolle für die Eigentümer übernehmen.
Ein Gedanke zu „Liebe Gemeinden, Ferienwohnungen sind gut für Euch und Eure Einwohner. Ihr macht einen Fehler, wenn Ihr sie verbietet!“
Wunderbar dargelegt.